"Wir sind eine Gemeinde aus lebendigen Steinen …"
-,„…IM GESPRÄCH MIT…“ ein Interview aus unserer Gemeinde
Das heutige Interview ist die angekündigte Fortsetzung der Gesprächsserie „….IM GESPRÄCH MIT ..“, die in der VINZ!-App und auf der Gemeinde-Homepage www.harpen.ekvw.de in zeitlich loser Reihenfolge erscheint.
Liebe Martina Jericho, herzlichen Dank vorab, dass Sie sich zu einem Interview in dem Gesprächsformat unserer Ev. Kirchengemeinde Bochum-Harpen „…IM GESPRÄCH MIT…“ bereiterklären.
Frau Jericho und ich kennen uns seit einigen Jahren über die Zusammenarbeit im Presbyterium und haben uns im folgenden Interview in der „Du-Form“ angeredet.
Martina, Du wohnst mit Deiner Familie fast quasi direkt an unserer St. Vinzentiuskirche. Aus unserem Gespräch weiß ich, dass Du das Licht der Welt nicht in Harpen erblickt hast und Ihr Euch erst über „Umwegen“ in unserem Stadtteil niedergelassen habt. Wo bist Du aufgewachsen, hast mit Deinen Eltern gewohnt und welche Schulen hast Du besucht?
Ich bin in den ersten Lebensjahren in der Bochumer Innenstadt aufgewachsen, mein erster grüner Spielbereich war der Stadtpark Bochum. Im Jahr 1970 ist meine Familie (ich habe noch einen ein Jahr älteren Bruder) dann zum Rosenberg gezogen, der gerade neu gebaut war. Hier ging ich dann auch in die Grundschule und später in die Maischützenschule, meine mittlere Reife habe ich in der zweijährigen kaufmännischen Schule am Ostring erhalten.
Welche berufliche Laufbahn hast Du nach den Schulen eingeschlagen und welchen Beruf übst Du heute aus? Wobei ich aus dem Interview erfahren habe, dass Dein heutiger Arbeitgeber eine sehr interessante Institution ist, die sich einer besonderen Aufgabe verschrieben hat.
Meine Ausbildung begann ich Anfang der 80er Jahre beim Studienkreis, der damals noch nicht so bekannt war. Dort bin ich bis heute in der Finanzbuchhaltung. Der Studienkreis ist enorm gewachsen mit 750 Niederlassungen in Deutschland. Unser Credo ist: Wir geben jeden Tag alles dafür, dass junge Menschen einen guten Schulabschluss machen können und erfolgreich in das berufliche Leben starten können. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass die Fähigkeiten eines jeden jungen Menschen sehr unterschiedlich sind.
Schon früh in Deiner Kindheit während der Schulzeit und auch in der Ausbildung hast Du eine Hobby-Leidenschaft für Dich entdeckt und sehr lange gepflegt. Was hat Dich an diesem besonderen Hobby begeistert?
Schon sehr früh in meiner Kindheit gab es die Liebe zu den großen Pferden. Ihre Ausstrahlung und Stärke haben mich sehr angezogen. Viele Jahre meiner Jugendzeit habe ich bei der Bochumer Reiterschaft an der Castroper Straße verbracht. Meine Eltern haben es mir ermöglicht reiten zu lernen, dafür bin ich heute sehr dankbar. Ich war keine besonders erfolgreiche Schülerin, so wie es eigentlich von mir erwartet wurde, aber mein täglicher Gang zu „meinen“ Pferden hat mir Motivation und Ruhe für mein Leben gegeben. Ich habe das bis zum Anfang der 90er Jahre sehr genossen.
Dein Kontakt mit unserer Kirchengemeinde ist über Umwegen zustande gekommen. Nicht wie üblich über unseren ev. Kindergarten. Deine Kinder konnten unseren Kindergarten nicht besuchen?! Dein „Einstieg“ in unser Gemeindeleben begann mit „dem Kartoffelschälen“ für eine Kirchenveranstaltung, was schon an sich ein außergewöhnlicher Auftakt für eine Gemeindekarriere war!
Gerne hätten wir unsere Kinder in den Vinzentiuskindergarten gegeben. Aber ich scheiterte an der Unfreundlichkeit der damaligen Leitung. Unsere Kinder gingen also in den katholischen Kindergarten Heilig Geist, wo man uns Zeit zur Anmeldung und Information gab.
Im Jahr 2000 zogen mein Mann Klaus und ich mit unseren beiden Kinder Laura und Lukas in die Kattenstraße, ganz nah zur Kirche und als neue Nachbarn des Pfarrhauses. Dort lebte zu diesem Zeitpunkt Eheleute Bröckelmann mit Familie. Es war immer etwas los, die Veranstaltungen der Kirchengemeinde wollten geleitet und begleitet werden. Oft kam ich mit Pfarrer Bröckelmann und seiner Frau Inge ins Gespräch. Eines Tages schellte Frau Bröckelmann und fragte, ob ich am darauffolgenden Tag mit meinem Küchenmesser (!) mal in das Gemeindehaus kommen könne, es müssten Kartoffel gepellt werden für das Heringstip-Essen der Gemeinde. Ich habe zugesagt und sie begann, meine „Kirchenkarriere“ in der Gemeinde Bochum-Harpen.
Du bist schon seit längerem Mitglied in unserem Presbyterium. Wie kam es dazu und welche Verantwortung hast Du seitdem Deinem Eintritt in die Kirchenleitung wahrgenommen? Was war für Dich in dieser Zeit eine besondere Herausforderung?
Im Jahr 2008 kam es zu einer großen Veränderung im Presbyterium. Presbyter:innen mit viel Erfahrung schieden aus und es kam zu einer Neuwahl, die auch mich in die Gemeindeleitung brachte. Recht schnell wurde ich die Baukirchmeisterin, die immer da war, wo es weitreichende Überlegungen und Planungen bei den Immobilien der Kirchengemeinde gab. Es galt sich gut in die Materie einzudenken und viel vorrausschauender zu denken, als ich es beruflich oder privat kannte. Mir war immer wichtig, die Menschen und ihre Meinung zu kennen, das Geld nicht unnötig auszugeben. Manchmal ließ sich das nicht vermeiden, wenn es um neue Dächer oder gar neue Gebäude ging. Der Höhepunkt dieser Zeit waren die Jahre 2014 bis 2016, die Planung und der Bau des neuen Gemeindehauses. Ein Jahr lang ging ich 2016 jeden Tag auf die Baustelle, beriet mich mit dem Architekten und den Handwerkern, läuft alles, bekommen wir das alles hin? Dank gilt dem Architekten Elmar Figgener, auf ihn war Verlass, ich konnte trotz der Größe des Projekts gut schlafen. Das neue Gemeindehaus wurde im Winter 2016/2017 der Gemeinde übergeben. Im Anschluss folgte noch die große Restaurierung der St. Vinzentiuskirche. Diese konnte ich schon zeitlich nicht mehr so gut begleiten, da eine private wesentliche Herausforderung anstand.
Im Frühjahr dieses Jahres wurde mit der Neuwahl des Presbyteriums, der Kirchenleitung unserer Gemeinde, die Aufgaben für jedes Mitglied neugeordnet. Du hast Dich für die Betreuung der Jugend unserer Gemeinde entschieden. Welche Ziele verfolgst Du mit dieser Verantwortungsübernahme und was möchtest Du erreichen und bewirken?
Die Veränderung war auch mein Wunsch. In meinem privaten Leben hatte sich etwas Entscheidendes geändert. Im Coronajahr 2020 ist ein damals 3jähriges Mädchen bei uns eingezogen um die ich mich schon seit Ende 2016 sehr gekümmert habe. Die Veränderung musste her, weil ich mich nicht um die Erziehung eines jungen Menschen kümmern und noch gleichzeitig die Aufgabe der Baukirchmeisterin wahrnehmen konnte. Bedingt durch das junge Kind war ich plötzlich wieder im Kindergarten unterwegs, mit den Sorgen und Gesprächen vieler Mütter und Väter. Ich bin also im Thema der Kinder und auch Jugendlichen angekommen, ein Thema was hier in der Gemeinde, bedingt durch Corona und dem zeitweisen Ausfall von Michael Dettmann, sehr zum Erliegen gekommen ist. Ich möchte gerne dabei unterstützen, den jungen Menschen, die uns noch geblieben sind, wieder eine Heimat in der Gemeinde zu geben, ihnen bei ihren Ideen und Wünschen zur Seite zu stehen, helfen Projekte umzusetzen und hoffentlich neue Gesichter begrüßen zu können. Auch dabei gilt es behutsam und vorausschauend zu denken. Ich freue mich über diese Aufgabe.
Wie beurteilst Du die aktuelle Situation der Evangelischen Kirche und was müsste, sollte unbedingt geschehen, verfolgt und umgesetzt werden, damit auch für unsere Gemeindemitglieder (und auch künftige) ein Ort der Begegnung bleibt? Ein Ort, in und an dem sich die Menschen wahrgenommen und aufgenommen fühlen!
Die derzeitige Situation ist nicht gerade einfach. Die Prognosen sehen nicht so gut aus, uns laufen die Menschen davon. Viele möchten das Geld für die Kirchensteuer nicht bezahlen.
Viele haben in der Coronazeit Wunder von der Kirche erwartet, die wir nicht erbringen konnten, denn auch wir hatten keinerlei Erfahrungen mit dieser Situation. Ich glaube, es müssen auch mal andere Formate her, so wie wir es hier schon oft machen. Mal ein Abendgottesdienst, mal ein Familiengottesdienst und natürlich der klassische Sonntagmorgen. Wir schaffen derzeit Begegnungen durch das Kirchencafé und das einmal im Monat sonntags stattfindende Café am Nachmittag. Kaffee und Keks ist auch gut besucht, allerdings fehlen überall die Altersgruppen unter 60 Jahren. Wir müssen weiter an moderne Konzepte denken, nur so kommen auch jüngere Menschen zu den Gottesdiensten aber auch hier können wir kaum ein Wunder erwarten. Es gilt das Prinzip Hoffnung, dabei bleibe ich!
Mein Dank geht an Eduard Bobiatynski, der sich die Zeit genommen hat für dieses Interview, es hat viel Spaß gemacht.
Ich danke Dir, Martina, dass Du Dich bereiterklärst, dass das Interview in der VINZ-App und in der Homepage der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum-Harpen veröffentlicht werden kann.
(Das Interview führte Eduard Bobiatynski, Presbyter der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum-Harpen)